Die Handballerinnen des VfL Oldenburg müssen sich für die neue Saison auf die Suche nach einer neuen Torhüterinnen begeben. Nele Reese wird ihren auslaufenden Vertrag beim Bundesligisten nicht verlängern. Stattdessen legt die 22-Jährige, die seit 2019 für den VfL aufläuft, eine Handballpause ein.Die Entscheidung ist dabei keine gegen den VfL – sondern vielmehr eine, gegen den Leistungssport.Es war eine große Jubeltraube, die am Mittwochabend vor allem eines wollte:feiern!
Mit einem 34:25-Sieg im Viertelfinale des DHB-Pokals machten die Bundesliga-Handballerinnen des VfL Oldenburg den zweiten Einzug ins Olymp Final4 in Folge perfekt. Mittendrin war auch VfL-Torhüterin Nele Reese.
Noch einmal nach Stuttgart reisen, mit allen Höhepunkten, die das Finalwochenende in der baden-württembergischen Landeshauptstadt bereithält, das war ihr Ziel, ihr großer Traum. Er wird Anfang April erneut Wirklichkeit – und soll für die 22-Jährige noch einmal ein sportlicher Höhepunkt werden, ehe sie im Sommer eine Pause vom Handball einlegt.
Denn: Wenn der VfL Oldenburg am 27. Mai sein letztes Saisonspiel bestreitet, wird sich Nele Reese vorerst aus der Handball-Bundesliga verabschieden. „Mir ist die Entscheidung extrem schwergefallen“, gesteht Reese: „Es hat mir viel Kopfzerbrechen bereitet und ist über einen längeren Zeitraum gewachsen.“ Doch im Laufe der Saison wurde der 22-Jährigen immer bewusster, dass in nächster Zeit private und berufliche Dinge im Vordergrund stehen sollen. „Wir können leider nicht vom Handball leben. Mir ist klar geworden, dass ich mich auf andere Sachen konzentrieren möchte.“ Dazu zählt unter anderem ihr Studium (Sport- und Sozialwissenschaften), das die Doppelbelastung von Handball-Bundesliga und Sportstudium zuletzt immer größer werden ließ. „Handball erfordert zeitlich einen extrem hohen Aufwand. Neben dem täglichen Teamtraining kommen auch die Vorbereitungen, Videoanalysen und Auswärtsfahrten dazu“, erzählt die VfL-Torhüterin: „Auch wenn es viel Spaß macht, kostet es eben viel Zeit. Man muss dafür in Vollzeit brennen.“
Im Sommer 2019 war die 1,86 Meter große Keeperin, die zuvor für den TSV Altenholz und den SV Henstedt-Ulzburg gespielt hatte, an die Hunte gewechselt und bildete fortan, gemeinsam mit Julia Renner, das Torhüterinnen-Duo beim VfL. „Der Sprung war damals riesig“, erinnert sich Reese: „Nicht nur, dass ich von der 3. Liga in die Bundesliga gewechselt bin, ich bin auch von zu Hause weggezogen, weg von meiner Familie, meinem Umfeld. Es war eine riesige Umstellung, jeden Tag im Training Leistung zu bringen.“ Aber: Nach der Eingewöhnung wusste Nele Reese auf dem Feld zu überzeugen, übernahm eine immer wichtigere Rolle im Oldenburger Spiel ein – und wurde dank ihrer Paraden in mehreren Begegnungen zur Matchwinnerin.
„Ich bin dem VfL extrem dankbar. Sie haben mich aus der 3. Liga geholt und viel Vertrauen in mich gesetzt“, betont die Torhüterin: „Mein Ziel war es immer, dem Verein dieses Vertrauen zurückzugeben.“
Auch deshalb ist die Entscheidung für ihre handballerische Pause keine gegen den VfL Oldenburg, sondern vielmehr gegen den Leistungssport – und für das private und berufliche Umfeld. „Seitdem ich 13 Jahre alt bin, hat sich bei mir alles dem Sport untergeordnet. Ich möchte sehen, was das Leben sonst noch so bereithält“, so Reese, die mit 16 Jahren ihr Debüt in der 3.
Liga gab. Ihre Gedanken teilte sie bereits früh in der Saison mit den VfL-Verantwortlichen. „Es haben alle sehr verständnisvoll reagiert und mich bei der Entscheidungsfindung unterstützt“, sagt Reese: „Auch von meiner Mannschaft habe ich Rückendeckung bekommen. Alle stehen geschlossen hinter mir. Das ist nicht selbstverständlich“, zeigt sie sich beeindruckt.
Eine komplette Handballpause wird es für die Torhüterin aber nicht. Denn: Dem VfL Oldenburg wird Nele Reese auch in Zukunft erhalten bleiben. Ihre Arbeit als altersübergreifende Torwarttrainerin in der Jugendabteilung wird die 22-Jährige fortsetzen und so ihre gesammelten Erfahrungen der vergangenen Jahre an die Bundesligastars von morgen weitergeben. „Es macht einfach Spaß, die Talente, die alle Infos und Ratschläge annehmen und versuchen umzusetzen, weiterzuentwickeln“, sagt Reese. Und somit dürfte auch der Kontakt zum Bundesligateam nicht gänzlich abreißen. „Mein Abschied muss ja nicht heißen, Abschied von den Mädels zu nehmen. Wir haben ein tolles Team, das zusammenhält. Ich fühle mich hier in Oldenburg zu Hause, habe ein tolles Umfeld im und auch neben dem Handball gefunden. Und der VfL bleibt auch für die Zukunft mein erster Ansprechpartner.“
„Wir sind natürlich traurig, dass uns Nele ab der nächsten Saison nicht mehr auf dem Handballfeld zur Verfügung steht“, sagt Andreas Lampe, Geschäftsführer des VfL Oldenburg: „Wir hätten den Vertrag gerne verlängert, stehen aber komplett hinter ihrer Entscheidung.“ Umso glücklicher ist der VfL-Manager, gemeinsam mit Reese eine Rolle gefunden zu haben, in der sie als Torwarttrainerin für den VfL-Nachwuchs dem Handball erhalten bleibt. „Das zeigt die starke Verbindung, die Nele zum Verein hat.“
Dreieinhalb Jahre mit vielen Highlights im VfL-Trikot liegen hinter Nele Reese, vier Monate mit dem Oldenburger Bundesligateam warten nun noch auf sie. „In dieser Saison ist alles möglich“, glaubt Reese: „Wir werden noch viele schwere Spiele haben, aber auch welche, in denen wir befreit aufspielen können. Ich bin auch weiterhin in jedem Training motiviert, vielleicht sogar noch ein bisschen mehr. Ich werde bis zum letzten Tag alles geben und alle Spiele in dieser Saison genießen.“